Frauen sind in den Parlamenten aller Ebenen deutlich unterrepräsentiert. Dies führe dazu, dass die Belange von Frauen in der Gesetzgebung nicht genügend berücksichtigt würden, so Gabriele Andretta. Deshalb bedürfe es eines Kulturwandels in der Politik.

Bild von Gabriele Andretta, Belgin Zaman und Simone Kalisch-Humme
Moderiert wurde die Veranstaltung mit Gabriele Andretta von Belgin Zaman und Simone Kalisch-Humme (v.r.).

Gabi Andretta unterstrich in ihrem Vortrag auf Einladung unseres Ortsvereins gestern Abend, dass sie in allen Funktionen, die sie ausgeübt habe, stets einen solchen Kulturwandel eingefordert habe. "Wichtige Entscheidungen in der Politik betreffen Frauen und müssen deshalb auch von Frauen mit getroffen werden." Dafür bedürfe es einer "kritischen Masse" von Frauen in den politischen Gremien, die derzeit auf kommunaler, Landes- und Bundesebene jeweils nur etwa 30 Prozent der Abgeordneten stellen. Die repräsentative Demokratie erfordere eine entsprechende Repräsentanz, während fehlende Repräsentanz zu Mängeln in der Gesetzgebungspraxis führe. Demgegenüber würde dort, wo mehr Frauen entschieden, mehr Geld für Bildung, Nahverkehr und Klimaschutz bereitgestellt und ausgegeben. Es würden also mehr Ressourcen für wichtige Zukunftsthemen zur Verfügung gestellt würden, erläuterte Andretta mit Verweis auf entsprechende Studien.

Gabi Andretta zeigte sich überzeugt davon, dass mehr Frauen nur durch Paritegesetze in die Parlamente gelangen könnten. Solche Gesetze, die allerdings bislang an den Verfassungsgerichten verschiedener Bundesländer gescheitert sind, könnten verbindlich regeln, wie Frauen schon bei der Kandidatur abgesichert würden und damit auch die gleiche Chance wie Männer hätten, ein Mandat zu erringen: "Eingeübte Traditionen sind ohne verbindliche Regeln nicht aufzubrechen", erklärte unsere frühere Landtagspräsidentin: "Parität ist machbar - in jedem Wahlsystem." Allerdings sei dies für ein System mit reiner Listenwahl (wie der Wahl zum Europäischen Parlament) einfacher zu regeln.

Bild von Johanna Starke, Monika Gehle, Frauke Wrigge und Petra Pfahl-Scholz
Intensive Gespräche nach dem Vortrag von Gabi Andretta: unsere frühere Bezirksbürgermeisterin und Monika Gehle, unsere stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende Frauke Wrigge und die Repräsentantin des Präventionsrates Buchholz-Kleefeld, Petra Pfahl-Scholz (v.l.).

Insgesamt müssten politische Prozesse anders gestaltet werden, forderte Gabi Andretta: "Wir brauchen einen Kulturwandel auch in der Politik." Die Politik, gerade auch die SPD, müssten Frauen anders und besser ansprechen, und Frauen müssten selbst die Netzwerkarbeit übernehmen, anstatt sie den Männern zu überlassen: "Frauen müssen unbequem bleiben", so Andretta. Sie müssten sichtbar gemacht werden und sich selbst über die Parteigrenzen und über die Vereinsstrukturen hinweg vernetzen und verbünden. In diese Netzwerke müssten dann auch Männer einbezogen und für die Forderungen der Frauen gewonnen werden.

Bild von Maxi Carl und Volker Zimmermann
Intensive Gespräche auch mit den Männern: die gleichstellungspolitische Sprecherin unserer Ratsfraktion, Maxi Carl, und Volker Zimmermann.

In der anschließenden Diskussion, an der sich auch zahlreiche Männer beteiligten, forderte Gabi Andretta den Druck auf die männerdominierte Politik aufrecht zu erhalten: "Penetranz schafft Akzeptanz." Diskutiert wurden verschiedene Möglichkeiten, Frauen auch in besonderen Situationen (etwa der Elternzeit) die Wahrnehmung bzw. den Erhalt ihres Mandates zu ermöglichen. Die SPD müsse sich dabei besonders aufgeschlossen zeigen, forderte die Referentin: "Wir sollten es sein, die es umsetzen!"

Die Gleichberechtigung, so Andrettas Fazit, sei eine der wesentlichen Bedingungen für den Bestand des demokratischen Gemeinwesens: "Erst wenn wir sie erreicht haben, sind wir in guter Verfassung!"