„Man muss Leute mögen, wenn man Politik macht“, erklärte Rolf Wernstedt während einer Diskussion zum Thema „Wahrheit und Lüge in der Politik – oder: Woher kommt eigentlich der Verdacht der Lüge in der Politik?“, die am 21. Januar in der Werkstatt Süd in Kleefeld stattfand. Zu der interessanten Veranstaltung eingeladen hatte die Landtagsabgeordnete und kandidatin Sigrid Leuschner.

Wernstedt stützte sich in seinen Ausführungen nicht nur auf seine Erkenntnisse als Politikwissenschaftler, sondern auch auf seine Erfahrungen als niedersächsischer Kultusminister und Landtagspräsident. Die Beispiele aus seiner politischen Tätigkeit, die er mit großer Offenheit vortrug, verdeutlichten, dass Wernstedt es mit seiner Forderung nach Wahrhaftigkeit in der Politik ernst meinte. Den – gerade während des Wahlkampfes oft erhobenen – Vorwurf, Politiker entschieden nur kurzfristig und schielten dabei lediglich auf Wahlergebnisse, wiesen Wernstedt und Leuschner zurück. Vielmehr müssten Politiker innerhalb relativ kurzer Fristen nachhaltige Entscheidungen treffen, die noch in nächste Generationen hinwirkten: „Politik zu machen, heißt Spaß an der Gestaltung der Zukunft zu haben“, erklärte Wernstedt. Die Ansicht, Politiker seien unehrlich, bezeichnete Rolf Wernstedt als bequem und selbst unwahrhaftig. Dabei werde ihnen abverlangt, die entsprechenden Fakten zu kennen, Trends der öffentlichen Meinung zu berücksichtigen und sich optimistisch darzustellen. Denn, so Wernstedt: „Schwächlingen traut man nichts zu und wählt sie auch gar nicht.“ Er räumte ein, dass es einigen Politikern nicht gelinge, die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, kritisierte aber ebenso wie Sigrid Leuschner, dass viele von ihrer Informationsfreiheit keinen Gebrauch machten. Man könne die Verantwortung für die gesellschaftliche Entwicklung nicht allein der Politik aufbürden, vielmehr sei auch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger selbst gefragt. Das müsse die Politik allerdings auch unterstützen, so die einhellige Forderung von Podium und Auditorium.

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Mitglieder unseres Ortsvereins beteiligten sich an der intensiven Diskussion: im Bild der Vorsitzende Marc-Dietrich Ohse (links), Kassierin Rita Rodenberg und Beisitzer Hans Behrendt.